Einfälle Nr. 164 | 4. Quartal 2022

Liebe Leserinnen und Leser – liebe Freunde und Förderer,

kurz bevor ich begonnen habe, dieses Editorial zu schreiben, ging durch die Presse, dass unsere Bundesministerin für Verteidigung, Christine Lambrecht, voraussichtlich zurücktreten wird und möglichst schnell die Nachfolge geregelt werden müsse. Allerdings sei es nicht so, so der Tagesspiegel vom 15.01.2023, „dass die Bewerber um diesen schwierigen Posten Schlange stehen. ‚Keiner will dahin, jeder weiß, dass es sein Schleudersitz ist‘, heißt es in der Koalition“. Auch im Gesundheitsministerium ist das Ministeramt nicht eines der begehrtesten, denn auch unser Gesundheitswesen steht vor großen Herausforderungen – und das nicht erst seit Corona.

Es fehlen Pflegekräfte, Stellen für Ärzte und Ärztinnen können nicht besetzt werden, Physiotherapeuten und -therapeutinnen werden verzweifelt gesucht – um nur einige Berufsgruppen zu nennen. Die medizinische Versorgung in ländlichen Regionen lässt vielerorts zu wünschen übrig, die stationäre Versorgung von Kindern und Jugendlichen ist zu einer großen Herausforderung geworden, die Zuzahlungen in der ambulanten Pflege steigen und steigen. Das alles hat vielfältige Ursachen – sowohl finanziell als auch strukturell – und vieles war lange bekannt und absehbar. Schon merkwürdig, dass diejenigen, die 16 Jahre lang in der Regierungsverantwortung waren und die Probleme nicht gelöst haben, jetzt die neue Regierung dafür verantwortlich machen und immer noch nicht in der Lage sind, Substanzielles zur Problemlösung beizutragen …

Trotzdem sollten wir nicht vergessen, dass unsere gesundheitliche Versorgung im Vergleich zu anderen Ländern immer noch sehr gut ist. Damit das aber so bleibt, müssen die oben genannten Probleme und weitere jetzt endlich mal angegangen und Lösungen erarbeitet werden. Das betrifft auch die ambulante und stationäre Behandlung von Menschen mit Epilepsie, die in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern immer noch sehr gut ist, und das betrifft auch das Verhältnis zwischen Menschen mit Epilepsie und ihren behandelnden Ärzten.

Immer dann, wenn Menschen mit Menschen zu tun haben, kann es zu Konflikten kommen. Das ist im „normalen“ Leben so. Dass ist auch im Arzt-/Patientenverhältnis so. Was aber können Patienten, was können Menschen mit Epilepsie tun, wenn es zwischen ihnen und ihren Ärzten zu Konflikten kommt, wenn sie mit der Behandlung nicht zufrieden sind? Ich möchte den Beiträgen zu diesem Thema im vorliegenden Heft nicht vorgreifen. Allerdings scheint es das Wichtigste zu sein, da sind sich die Autorinnen und Autoren einig, Konflikte offen anzusprechen und zu versuchen, sie im Dialog zu lösen. Vieles lässt sich im Gespräch klären, wenn beide Seiten in gegenseitigem Respekt voreinander gemeinsam nach Lösungen suchen. Dazu kann es auch gehören, den Arzt/die Ärztin zu wechseln, da manchmal einfach „die Chemie nicht stimmt“ und eine Kommunikation nicht möglich ist – ohne dass der/die Eine dem/der Anderen dafür die Schuld geben sollte.

Gelingt es nicht, die Probleme im gemeinsamen Gespräch zu lösen, gibt es weitere Möglichkeiten – vom Einholen einer Zweitmeinung über eine informelle oder formelle Beschwerde bis hin zu einer Klage. Doch mehr dazu im vorliegenden Heft …

Heute wird es immer wichtiger, fachlich geprüfte und wissenschaftlich belegte Informationen von Meinungen oder gar Fake-News unterscheiden zu können. Wir versuchen, diesem Anspruch gerecht zu werden und unseren Leserinnen und Lesern in den Fachbeiträgen nachprüfbare Informationen zu liefern und diese klar von Meinungen zu trennen. Alle Beiträge werden sorgfältig redigiert und dann unseren Autorinnen und Autoren zur Freigabe vorgelegt; kleinere redaktionelle Änderungen nehmen wir ohne Rücksprache vor.

Warum dieser Hinweis so wichtig ist? Neulich ist mir in der Buchhandlung meines Vertrauens ein Buch über die „Corona-Diktatur“ in die Hände gefallen, das es immerhin auf Platz 2 der Spiegel-Bestsellerliste geschafft hat. Von einem Verlag, dessen Namen ich hier nicht nennen möchte, wurde es als „großartiges Stück Journalismus“ bezeichnet und die Autoren machen – zumindest auf dem Klappentext – erstmal einen soliden Eindruck. Ganz im Gegensatz zum Inhalt: von Volksverhetzung, Verletzung der Menschenwürde, einem pervertierten Journalismus und der „planmäßigen Entrechtung und Unterwerfung aller Menschen weltweit“ ist die Rede. Von ihren Ausführungen scheinen die Autoren jedoch selbst nicht so ganz überzeugt zu sein, schreiben sie doch im Impressum: „Der Verlag und der Autor gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch der Autor übernehmen, ausdrücklich und implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes oder etwaiger Fehler.“ Ein großartiges Stück Journalismus?

In diesem Sinne grüßt Euch/Sie herzlich

Euer/Ihr

Norbert van Kampen

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