Einfälle Nr. 156 | 4. Quartal 2020

Liebe Leserinnen und Leser – liebe Freunde und Förderer,

in Veröffentlichungen und Berichten, die sich mit dem Thema „Chronische Begleiterkrankungen bei Epilepsien“ beschäftigen, ist häufig von psychischen Begleiterkrankungen wie Depressionen oder Beeinträchtigungen z.B. des Gedächtnisses oder der Konzentrationsfähigkeit die Rede. Seltener wird geschaut, ob es weitere chronische Erkrankungen (z.B. Herz- oder Lungenerkrankungen) gibt, die bei Menschen mit Epilepsie häufiger auftreten als bei Menschen ohne Epilepsie. Deshalb haben wir uns entschieden, letzteres in einem Beitrag im Schwerpunkt des vorliegenden Heftes näher zu beleuchten.

Allerdings stellt sich beim Thema Epilepsie und weitere chronische Erkrankungen sofort die Frage, was unter einer chronischen Erkrankung zu verstehen ist und ob der Begriff für das, was wir meinen, richtig gewählt ist. Auf der einen Seite war es unsere Absicht, uns damit zu beschäftigen, was es für Menschen mit Epilepsie und die Gestaltung ihres Lebens bedeutet, wenn bei ihnen zusätzlich zur Epilepsie weitere Beeinträchtigungen auftreten. Aus dieser Perspektive spielt es weniger eine Rolle, ob diese Beeinträchtigungen ursächlich mit der Epilepsie in Zusammenhang stehen – und eigentlich ist der Begriff chronische Krankheit dafür auch falsch gewählt.

Genau das bringt Martina in diesem Heft auf den Punkt, indem sie über ihre Sehbeeinträchtigung sagt: „Was ich genau habe, ist nicht bekannt, aber das ist keine chronische Krankheit, sondern eine Behinderung.“ Die Mutter von Hanna sagte in den Vorgesprächen zu ihrem Beitrag, dass ihre Tochter zwar eine Behinderung habe, aber deshalb nicht chronisch krank sei. Offenbar sind chronische Krankheit und Behinderung zwei Begriffe, die unterschiedliches meinen und auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun haben.

Behinderung meint, dass die Betreffenden durch ihr So-Sein in ihrer Teilhabe beeinträchtigt sind. Zum Beispiel können Menschen mit einer Hörbeeinträchtigung nicht an einer Tagung teilnehmen, wenn es keine Gebärdendolmetscher gibt; Menschen mit einer Sehbeeinträchtigung können eine Straße nicht sicher überqueren, wenn die Ampel nicht mit einem akustischen Signal ausgestattet ist. Geholfen werden kann ihnen nicht durch eine medizinische oder psychotherapeutische Behandlung, sondern nur durch die Änderung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen (Gebärdendolmetscher, akustische Signale an Ampeln).

Chronische Krankheit hingegen meint, dass die mit ihr verbundenen körperlichen und/oder seelischen Beeinträchtigungen durch entsprechende Therapien zwar oft nicht beseitigt, aber zumindest gemildert werden können. Hier geht es also darum, auf einer individuellen Ebene möglichst optimale Behandlungsmöglichkeiten zu finden bzw. diese niedrigschwellig zugänglich zu machen. Genau deshalb ist es uns wichtig, auf der anderen Seite diesen Aspekt nicht zu vernachlässigen und sich näher mit den (ursächlichen) Zusammenhängen zwischen Epilepsie und weiteren chronischen Erkrankungen zu beschäftigen.  

Passend zum Thema Behinderung beschäftigen wir uns darüber hinaus damit, was Menschen mit Epilepsie berücksichtigen sollten, wenn sie mit dem Fahrrad, E-Bike, Pedelec etc. am Straßenverkehr teilnehmen. Im Gegensatz zur Kraftfahreignung gibt es dazu keine eindeutigen gesetzlichen Regelungen, wohl aber Empfehlungen – auch wenn die nicht jedem gefallen dürften.

Zu unserem Fotowettbewerb „Es ist Corona“ haben wir viele schöne Einsendungen erhalten und die besten Fotos prämiert – sie sind in diesem Heft veröffentlicht. Wer uns unabhängig davon weitere Fotos schicken oder über seine Erfahrungen in der Corona-Pandemie berichten möchte, sollte dies trotzdem tun – die Pandemie wird uns wohl noch eine ganze Weile begleiten.

Leider konnten wir auch dieses Mal nicht alle vorgesehenen Beiträge aufnehmen und mussten einige auf das kommende Heft verschieben – zusammen mit weiteren Berichten über die Aktivitäten der DE in den letzten Monaten.

Auch wenn es diesmal für viele ein anderes Weihnachten werden wird: Lassen Sie sich nicht, lasst Euch nicht von dem Virus unterkriegen! Ich wünsche allen ein ruhiges, entspanntes und erholsames Weihnachtsfest!

In diesem Sinne grüßt Euch/Sie herzlich

Norbert van Kampen

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Titelbild einfälle 156

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